Nimirum auf der Hub conference: Digital, aber (noch) nicht disruptiv

Marko T. Hinz , 24.11.2016

Hub conference in Berlin 2016: Experten-Drehscheibe zu ambitionierten technologischen Zukunftsthemen, aber vom Format her hinter den Möglichkeiten eines an sich vorausschauenden Meetings, findet Marko T. Hinz, freier Mitarbeiter bei Nimirum, der aus der Hauptstadt berichtet.

Was ist das, ein „Hub“? Laut Wörterbuch „Mittelpunkt, Zentrum, Drehkreuz/Drehscheibe“. Letzteres trifft den Kern der „Hub conference“ besonders gut, bei der es um den digitalen Fortschritt geht. Interessierte treffen – auf eben dieser Drehscheibe – andere Interessierte und Macher, ob nun Gründer, Entscheider aus DAX-Konzernen oder Vertreter aus Verbänden und Politik, Wissenschaftler, Journalisten und ein paar Profis von morgen: Studenten.

Der Bitkom (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.) als Branchenvertretung sorgt für bekannte Referenten und Podiumsgäste, renommierte Aussteller und natürlich eine Auswahl toller Start-ups. Trends werden präsentiert und diskutiert. Wobei die Diskussionsbereitschaft – nach Wahrnehmung des Autors – zuweilen eher dünn ausfiel. Vielleicht war dies der puren Erschöpfung der Zuhörer geschuldet. Das wäre bei der schieren Masse an Informationen auch kein Wunder: 50 Stunden Programm für die (erstmals) 2000 Teilnehmer, 130 Redner, 400 Start-ups, 30 Aussteller. Trotz dieser Fülle lassen sich die Hauptthemen der vierten „Hub conference“ klar benennen: Künstliche Intelligenz (AI, artificial intelligence), virtuelle Realität (VR, virtual reality), 3-D-Druck, Blockchain (erweiterbare Liste von Datensätzen als Grundlage z. B. für Kryptowährungen) und Robotik. Nichts davon ist völlig neu. Aber jede Technologie für sich nimmt immer mehr Gestalt an. Und wird früher oder später auch unser aller Alltag bestimmen, ob wir nun direkter Anwender oder zumindest Nutznießer von Erzeugnissen sind, die mit Hilfe neuartiger Produktionsmethoden entstanden sind.

Neue Themen, alte Formate

50 Stunden Konferenzprogramm an einem einzigen (Arbeits-)Tag bringen es mit sich, dass manche Fragen bloß angerissen werden können. Zumal Vortragende nur 15 bis 20 Minuten Zeit bekamen, ihre Erfahrungen, Innovationen, Entwicklungen an den Mann zu bringen. Die Workshops dauerten zwar eine Stunde, liefen aber meist den größten Teil der Zeit als Frontalunterricht ältester Schule ab. Und: Unausgesprochen stand die Frage im Raum „Was verpasse ich, wenn ich mich für Vortrag A statt für Podium B entscheide?“

Auch nicht wirklich disruptiv, aber nutzwertig erschienen dem Autor zwei Apps aus dem medizinischen Bereich: Selfapy – ein Online-Therapieprogramm für Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Angstzuständen, Erschöpfung (Burnout), Depressionen – und Jourvie, eine Anwendung, die Menschen mit Essstörungen wie Anorexie, Bulimie und Essattacken (Binge Eating) helfen soll.

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Alter Ort, neuer Hub

Ein Hub, eine Drehscheibe, war der Veranstaltungsort „Station Berlin“ schon immer: seit 1875 erst als Dresdner Bahnhof für den Personenverkehr in Betrieb, ab 1907 dann 90 Jahre lang Postbahnhof für den Paket- und Güterverkehr und damit während der Teilung Deutschlands Ende einer Bahnlinie, die West-Berlin mit dem Bundesgebiet verband. Standorte untergegangener Industrien verlieren ebenso wie Stätten unmodern gewordener Logistik ihre Funktion. Man widmet sie um, zu Büroflächen, Eigentumswohnungen oder wie in diesem Fall zu Veranstaltungsorten, und sie werden wieder zum Drehkreuz.

Institutionelle Revolutionen dieser Art thematisierte auch der US-amerikanische Journalist und Mediendozent Jeff Jarvis. Er vertrat den Standpunkt, dass herkömmliche Institutionen aller Art durch das Internet grundlegend herausgefordert werden und dass diese Institutionen ums nackte Überleben kämpfen. Jarvis verglich diese Herausforderung mit der Entwicklung seines deutschen „persönlichen Helden“, Johannes Gutenberg. In diesem Zusammenhang verwies der US-Amerikaner auf die erste Tageszeitung, die 1605 herausgegeben wurde (in der Nimirum-Stadt Leipzig). Die ersten Zeitungen hätten keine nachhaltigen Geschäftsmodelle gehabt, so dass sie nicht lange am Markt bestehen konnten. Trotzdem: Das Konzept der Tageszeitung hat bis heute überdauert. Der Verfasser dieses Blogposts vermutet aber, dass damit in absehbarer Zeit Schluss ist. Dafür sorgt schon die Digitalisierung.

Auch Bitkom-Präsident Thorsten Dirks hatte in seiner Eröffnungsansprache das gedruckte Buch erwähnt. Nur hoffte er, dass unsere Kinder in der Schule nicht mehr damit lernen müssten. Der Autor hingegen möchte Gutenbergs geniale Erfindung nicht missen, auch nicht als Lernmittel. Doch der These von Dirks, dass der – unser Leben und Arbeiten betreffende – Wandel schneller, tiefgreifender und radikaler ausfallen wird, als alle technisch bedingten Veränderungen zuvor (dass sie eben „disruptiv“ sein werden) stimmt er zu.

Eines lässt sich aber (noch) nicht so ohne weiteres, zumindest nicht vollständig, digitalisieren: das persönliche Gespräch. Und das ist auch gut so. Da bleibt der Autor (44) altmodisch – noch viel mehr „old school“ als der Frontalunterricht der Hub conference.

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