„Freiheit, nicht Überwachung!“ – Cornelia Daheim im Gespräch

Cornelia Daheim , 20.03.2017

Nimirum befragte im Rahmen seines Themenboosts mit Cornelia Daheim eine der weltweit führenden Zukunftsforscherinnen zu New Work im Hinblick auf Inklusion, und was das ihrer Meinung nach mit Freiheit und Überwachung zu tun hat.

Cornelia Daheim beschäftigt sich seit über 15 Jahren mit gesellschaftlichem Wandel, und dabei insbesondere
wegen ihres Hintergrunds in der Organisationspsychologie mit der Zukunft der Arbeit. Diese wird inzwischen auch im deutschsprachigen Raum häufig New Work genannt. Nimirum sprach im Rahmen des Themenboost Zukunft der Arbeit - New Work mit ihr.

Frau Daheim, was gehört alles zu New Work, Menschen, Arbeitsmittel, Abläufe?

Cornelia Daheim: New Work heißt immer auch Vernetzung, nicht nur von den an der Arbeit beteiligten Menschen, sondern auch der verwendeten Technik oder sogar von Alltagsgegenständen. Das kann sogar die Kaffeetasse am Buffet betreffen, die mir sagt, dass ich lieber keinen Kaffee mehr trinken sollte, sondern stattdessen einen Kamillentee. Denn schon in fünf Jahren könnten Objekte dieser Art miteinander vernetzt sein.

So eine mitdenkende Kaffeetasse hat sicher was für sich. Öffnen derart vernetzte Gegenstände aber nicht flächendeckender Kontrolle Tür und Tor, durch Krankenversicherungen, egal ob gesetzlich oder privat, Arbeitgebern bzw. Auftraggebern und so weiter? Die auf diese Weise alltägliche Gewohnheiten und Vorlieben erfassen und analysieren?

Dies ist tatsächlich ein gern benutztes Beispiel für wachsende Kontrolle. Auf der anderen Seite geben Menschen private Daten durch ihre Smartphones und Smartwatches heraus, ohne dass sich jemand beschwert oder näher mit der Datennutzung beschäftigt. Dieses widersprüchliche Verhalten beim Datenschutz ist schon sehr deutsch.

Mit der Widersprüchlichkeit haben Sie sicher Recht, auf der anderen Seite stellt es doch auch einen Vorteil dar, wenn sich die Deutschen für Datenschutz sensibilisieren. Abgesehen davon sind Fragen zum Datenschutz aber nicht neu. Werden hier vielleicht nur bekannte Schlagworte in neuer Form verwendet?

Themen wie diese, genau wie Arbeitsorganisation, kommen ja immer wieder hoch. Das Schlagwort New Work, oder einfach Zukunft der Arbeit, wie ich lieber sage, genießt zur Zeit besonders große Aufmerksamkeit. Zu Recht, wie ich finde, wegen des hohen Tempos der Digitalisierung.

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Wie schlägt sich New Work in der Arbeitsorganisation nieder?

In der Organisation besonders von geistiger Arbeit stellt sich zum Beispiel die Frage, wann sitzen Mitarbeiter wo an welchen Orten im Allgemeinen und an welchen Plätzen im Besonderen? Denn New Work bedeutet, dass Vernetzung und Transparenz zusammenwirken. Meiner Meinung nach heißt der richtige Weg immer Freiheit, nicht Überwachung, denn die freie Arbeitsplatzwahl ist hoch symbolisch. Das betrifft eben nicht mehr nur freie Mitarbeiter, sondern immer öfter auch solche, die festangestellt sind, auch in großen Organisationseinheiten wie Konzernen. Die setzen Mitarbeiter zunehmend in Coworking-Spaces, gestalten Büroräume um und ähnliches. Zum Teil geht es um Kosteneinsparungen, zum Teil wirklich um eine neue Kultur des Zusammenarbeit.

Greifen Personalabteilungen auch bei New Work in die Organisation ein?

Dass eine Personalabteilung tief in die Arbeitsorganisation eingreift, ist wirklich Old Work. Der Trend geht zunehmend in Richtung Selbstorganisation. Die Ideen dafür müssen nicht neu sein, aber alle Veränderungen zusammen genommen führen zu New Work.

Welche Umstände führen eigentlich dazu, dass man aus der Old Work nach New Work ruft?

Die Arbeit der Zukunft hat mit einem Wertewandel zu tun, und der wird übrigens nicht nur von den sogenannten Millennials getragen. Der Sinn des eigenen Tuns wird immer wichtiger, das führt dann auch zum Stichwort Inklusion. Geringqualifizierte erleben durch Rationalisierung und Zwang zur Anpassung immer stärker Facetten der Bedrohung, das kann auch mehr Druck und Kampf um Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung bedeuten. Andererseits bietet die neue Arbeitswelt Unterstützung durch Technologie wie Exoskelette. Und da das Pendeln für alle, besonders aber für Menschen mit einer körperlichen Behinderung, eine Belastung darstellt, sind Coworking-Modelle und das Arbeiten von zu Hause aus gute Alternativen zu den bisherigen Formen und können ein Hebel für mehr Inklusion sein.

Aus welcher Richtung sollten die Impulse zur verstärkten Inklusion kommen?

„Die Unternehmensführung ist ebenso wie Human Ressources-Abteilungen in der Verantwortung, ihre Haltung gegenüber verschiedenen Arbeitsmodellen und gegenüber Arbeit überhaupt zu überdenken. Nicht jeder muss alles können, die Orientierung an den Stärken des Einzelnen ist eine zukunftsweisendere Haltung. Die Tendenz zur Gleichförmigkeit und zur Standardisierung steht der Inklusion und damit auch New Work im Weg. Teammitglieder sollten in ihrer Andersartigkeit besser angenommen werden. Es braucht Schulungen dazu, wie man besser miteinander kooperiert, gerade bei Menschen aus unterschiedlichen Kulturen. Um Unterschiedlichkeit zu verstehen, das wirklich zu lernen, dazu braucht es von Grund auf neue Prozesse. Und die werden nun mal von den Unternehmensleitungen angestoßen und von den Personalern umgesetzt. Letztlich geht es aber um eine neue, offenere, humanere Arbeitskultur.

Frau Daheim, Nimirum bedankt sich für Ihre aufschlussreichen Antworten.

Das Interview führte Marko T. Hinz.

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