Pinkwashing ist das neue Greenwashing: es umschreibt die Tendenz, sich frauenfreundlicher bzw. diverser zu geben als man eigentlich ist (als Unternehmen, Mann). Nach einer Aufsehen erregenden Studie 2019 zum Gender-Pricing, als die Preisdiskrepanz zwischen gleichwertigen Produkten für Frauen und Männer nachgewiesen wurde, befleißigte sich der Handel, insbesondere die Drogeriemärkte, den Eindruck zu verwischen, es gäbe eine Pink Tax. Ein klarer Fall von Pinkwashing, denn natürlich sind Frauenprodukte noch immer teurer. Weil die Kundinnen es bezahlen. Im Falle von Verhütungs- oder Menstruationsmitteln: müssen. Ist das noch gängige marktwirtschaftliche Dynamik oder ein Diskriminierungs-Skandal? Gerade bei den existenzwichtigen Produkten ist die Frage angebracht, ob eine staatliche Regulierung nicht hilfreich wäre. Dass es geht, hat die Tamponsteuer gezeigt: die essenziellen Frauenprodukte haben endlich den vergünstigten Mehrwertsteuersatz. Woraufhin einige Anbieter die Preise erhöhten. Rabatte und Angebote bietet der Handel vor allem auf der geraden Linie vom Obst über Käse zu Schokolade und Bier. Betroffen von zu hohen Preisen für Produkte abseits des Mainstreams sind Menschen aus anderen Kulturkreisen, vegetarisch und vegan lebende Personen, Menschen mit Allergien oder chronischen Erkrankungen und in einem weiteren Sinne auch Eltern. Aber wer ändert das? Die Politik? Der Handel? Oder nur sehr laut und deutlich auftretende Verbraucherinnen und Verbraucher? Und wie viel lässt sich effektiv ändern, wenn manche Produkte nun einmal aufgrund höherer Produktionskosten teurer sind oder in so geringer Stückzahl produziert werden, dass sie nicht günstiger werden können? Ist der Weg zu einem diversen, teilhabeorientierten Konsum von weniger Materialismus insgesamt geprägt oder von Solidaritätsauf- und -abschlägen? Ist es eine gute Idee, Konsum überhaupt zu regulieren?
Was der Mainstream ist, definiert sich permanent neu. Was sensibel zu bepreisender Grundbedarf und was investitionsfreudige Gönnung ist, wird am Ende in größeren gesellschaftlichen Debatten entschieden, nicht an der Supermarktkasse. Die Änderungen des Konsums in der Coronakrise verflechten sich mit der großen Frage, wie wir künftig leben wollen, können und dürfen. Ob die gewachsene Diversität erhalten bleibt, ist auch die Frage danach, wie breit die Pfade inzwischen sind, die wir abseits der geraden Linie von Banane zu Bier getrampelt haben. Es empfiehlt sich, von Multigrafien statt von Biographien auszugehen: denn das Konsumverhalten ändert sich im Lauf der Jahre oft deutlich.